Dienstag, August 08, 2006

Primal Scream: We´re Gonna Boogie (auf´Riot City Blues`2006)



Warum? Warum T-Rex, warum Mundharmonika, warum ein angeshuffelter Blues? Warum all dies im Jahre 2006? Was passiert im Kopf eines Musikers, wenn er sich entschließt mal wieder altmodisch zu sein?
Bei Primal Scream und ihrer Platte "Riot City Blues" hätte ich mehrere Erklärungsmodelle zur Auswahl.


  1. Die Drogen:
    Mister Gillespie und seine Mannen sind ausgewiesene Auskenner auf diesem Gebiet. Auf manchen Pressefotos scheinen weder ihre Körper noch ihr Geist anwesend zu sein. Das sieht nicht nur prima aus, sondern macht bestimmt auch gute Laune. Aber wenn ich mir vorstelle, wie die Jungs in ihrem Wandteppichproberaum sitzen, die Wasserpfeife blubbert und an diesem Tag schon alles gesagt wurde, dann Herr Gillespie aufsteht und eine
    Blind Lemon Jefferson LP auflegt.....Ja, da kann ich mir schon vorstellen, dass die Kapelle jubelt und sich vor Freude in die feuchten Hände klascht.
    Schnell werden sich die Gitarren ungehängt, einer schreit etwas wie "Blues-Shuffle in E" und ab geht der Zug. Wie die Band nüchtern auf ihre Aufnahme reagierte ist nicht bekannt.
  2. Genug gekämpft:
    Die letzten Cds (XTRMNTR...) von Primal Scream waren freundlich, durchgeknallte Elektronikopern. Toll gemacht und produziert aber auch immer ein bißchen zu viel. Außerdem hatte ich immer das Gefühl, im nächsten Moment würde jemand etwas über "Revolution machen" brüllen und ich müsste wieder ein schlechtes Gewissen haben, weil ich lieber "King Of Queens" sehen würde. Irgendwann nervt aber dieses ganze Faust-Hoch-Getue selbst den härtesten Kapital-Kommunisten und einfachere Themen müssen her. "We´re Gonna Boogie". Ist klar, warum auch nicht. Boogie ist eine feine Bewegungssache (wie bewegt man sich eigentlcih zu Boogie) und wenn man zusammen boogiet ist es bestimmt ein doppelter Spaß.
  3. Das Geld:
    Die letzten Platten verkauften sich nicht so super. Frühere Cds, die auch auf Highway und bluesiger Amerikaner machten, verkauften sich viel besser (z.B. Give out don´t give up...). Fertig ist die These......aber kommen wir endlich zu meiner netten Lieblingstheorie:
  4. Für die Eltern:
    Wir kennen alle das Problem: Eltern sind nur schwer zu begeistern. Egal ob es sich um Schulnoten, Diplomarbeitsthemen oder Urlaubsreiseziele dreht: mehr als ein "Na, das ist ja schön" kommt selten. So wird es auch den Jungs von Primal Scream gegangen sein. Sätze wie "Mama, wir haben eine neue Platte fertig" wurden mit "Ist das schon wieder so ein Krach?" abgeschmettert, dies sollte sich ändern.
    Mein Vater hört Springsteen, meine Mutter mag den frühen Dylan und die Tante knallt bei Marc Bolan durch. Das waren die Gedanken der Musiker. Ehrlich. Die Verwandten loben seit der neuen Veröffentlichung, ihre verloren geglaubten Söhne in den höchsten Tönen.
"We´re Gonna Boogie" ist super, wenn man mit angetrunkenen Freunden zu einer Party unterwegs ist, von der man weder die Gastgeber kennt, noch eine Anstandsweinflasche dabei hat. Man gröhlt ein bißchen mit, bis einer sagt, man solle doch gefälligst mal etwas moderneres auflegen.