Freitag, August 11, 2006

David Sylvian/Nine Hores: Darkest Birds (aus ´Snow Borne Sorrow`2005)


Ich gebe es zu; ich bin wahrscheinlich nicht die tiefgründigste Person der Erde. Ich liebe Sitcoms, Apfelpuddingkuchen, meine Freundin/Tochter/Gitarren. Zwar lese ich recht regelmäßig und auch flüssig vor mich hin, behalte jedoch weniger als man meinen sollte. Ist ein Buch gelesen, dann ist es verdammt nochmal gelesen und ich mache mir nicht noch tagelang Gedanken über das Werk. Selbst die essentiellen Handlungsstränge gehen mir innerhalb weniger Stunden verloren und nach zwei Tagen weiß ich oft nicht mehr, ob ich das Buch jetzt wirklich schon gelesen habe oder nicht.

Ich versuche meine leicht oberflächliche Art oft durch stilvolles Schweigen zu kompensieren. Nichts ist für den Beobachter geheimnisvoller, als ein einsamer, vor sich grübelnder Mann, mitte dreißig, der die Stirn heftg in Falten legen kann und nie lächelt. Also, ich denke mir, dass dies ganz schön geheimnisvoll ist, wahrscheinlich denken sich andere Menschen: "Jetzt aber ab in´s Bett, Du siehst müde aus."

Egal, denn die Stimme von David Sylvian macht mich tiefgründig. Höre ich sein naturgegebenes Tabakgehauche, schärfen sich mir die Sinne, automatisch wächst mir ein Rotweinglas in der Hand und ich will, nein, ich muß die Kulturbeilage der "Zeit" lesen. Ich verteile so klug wie zufällig Gedichtssammlungen in der Wohnung, stelle Kräutertöpfe auf die Fensterbank und rufe Ex-Freundinnen an.
Was hat das mit dem Song zu tun? Nichts! Überhaupt nichts! Der Song trägt sich von alleine durch den Raum, könnte beim Bistro deines Vertrauens im Hintergrund laufen oder auf der Vernissage eines "Upcoming Artist". Eine kleine, schöne Melodie. Popmusik. Die reine Form. Wenn sich Menschen diese CD kaufen, dann lade ich sie zum Essen ein, zu tiefen Gesprächen und wahrer Schönheit. Oder Bier!