Samstag, August 12, 2006

Frank Sinatra: Someone To Light Up My Life (aus ´Sinatra & Company`1970)


Ich habe getrunken. Gestern. Zu viel. Bis halb vier. Wodka/Cranberry, Campari/Orange, Budweiser, Becks und Sekt. Dazu an die 40 Zigaretten. Der heutige Tag sollte also eigentlich voller Kopfschmerz und Tränensäcken sein, ist er aber nicht. Zum einen pflege ich mir, wenn es mein Zustand zuläßt, vor dem ins Bett gehen immer noch zwei bis vier Aspirin einzuwerfen, zum anderen bin ich ganz gut im Training.

Also, keine Kopfschmerzen dafür aber dieses berühmte wattige Gefühl. Jede Bewegung scheint so langsam, dass ich mich manchmal frage, wann ich zum totalen Stillstand komme. Bei meinem heutigen Spaziergang durch die Stadt merkte ich außerdem, dass sich auch alle anderen Menschen langsamer als sonst bewegten. Ein bißchen wie bei den Einspielern der Tagesschau, wenn es um die Probleme vom meinetwegen Arbeitlosen geht. Dann zoomt die Kamera ja auch ganz gerne in eine Fußgängerpassage, und mittels Zeitlupeneffekt laufen die Passanten dann wie auf dem Mond. Zeitlupe ist aber nicht in der gelebten Wirklichkeit (außer man ist glühender Vertreter der "Matrix-These"), also verlangsamt der Restalkohol meine Wahrnehmung. Problem erkannt, Problem erklärt.

Ähnlich langsam ist auch der von Herrn Sinatra gesungende Titel "Someone To Light Up My Life". Es handelt sich hier um einen verrauchten Bossa-Nova-Schieber, der sowohl prima in hippe Cocktailschuppen, als auch in Bingo Hallen für Senioren passen würde. Frankie Boy singt von Liebe, vergangener Liebe. Seine Ische ist weg und er fragt jetzt freundlich nach, wo er denn eine neue Frau herbekommen könnte, die dem alten Modell aber schon ein bißchen ähneln sollte. Ob er je eine Antwort bekommen hat, kann ich nicht sagen, aber in diesem Song jedenfalls nicht.
Die ersten fünf Sekunden dieses Liedes simulieren eine musikalische Zeitlupe, sie sind purer Restalkohol. Danach wird alles wieder Bossa-Normal, aber dieser Anfang, dieses Ziehen, dieser wacklige Schritt könnte der Soundtrack für einen Mann sein, der eigentlich Kopfschmerzen haben sollte, jedoch so clever war, vor dem Schlafen Aspirin zu nehmen.