B. Fleischmann: Gain (aus `The Humbucking Coil´2006)
Warm, wohlig und wimmernd geht es los. Ummmmmnnnn. Da hat wohl jemand während der Aufnahme die Dolby NR Taste gedrückt gehalten, was? Ohhhhmmmmnnnnahh. Ich höre es leise aber wenn ich es laut hören, die Augen dabei schließen würde, wäre ich keineswegs überrascht in meinem Geiste einen sterbenden Wal zu sehen. Der Song will eines sofort klarmachen: ich bin nicht so leichte Kost, wie ihr glaubt. Na, das wollen wir doch erstmal sehen.
Früher hätte ich den Herrn Fleischmann ja immer in die elektronische Knick-Knack-Ecke gestellt, ihm einen lustigen Hut aufgesetzt, und ihn 200 mal den Satz „Ich muß mehr auf Melodien achten“ schreiben lassen. Hätte ich dazu wirklich die Möglichkeit gehabt, so würde die Entwicklung auf der aktuellen Cd 100%ig auf meine Kappe gehen. Stolz wäre ich, oh ja. Jetzt kenne ich den Herrn Fleischmann aber gar nicht, also muss ich, wenn auch missmutig, zugeben, dass der Sound und die Entwicklung voll auf seinem Mist gewachsen zu sein scheint.
Ja, hier wird mit Gitarrentönen gearbeitet. Wer mehr über den hier überwiegend verwendeten Gitarrentonabnehmer erfahren will: hier! Knapp eine Minute sehen wir also schwelgend und tief befriedigt dem Wal beim sterben zu, vergessen, dass wir hier Musik hören und machen uns vielleicht Sorgen über den Kalkgehalt der Kreuzberger Leitungswassers als plötzlich jemand zu singen beginnt. Der erste Name, der mir beim Vocaleinsatz in den Mund sprang war: Peter Heppner. Beruf: Trauerbarde. Sänger mit dem ewigen Blick in die Ferne, ungefähr so, wie wenn Oliver Kahn kurz nach einem verlorenen Spiel auf dem Weg in die Kabine noch schnell ein Interview gibt. Niemand weiß wohin er schaut, aber es sieht halt wahnsinnig tiefgründig aus. Herr Heppner ist mittlerweile zuständig für alle deutschsprachigen Texte, die irgendetwas mit Flut, Wut oder Uns (also Wir) zu tun haben. Jetzt haben wir den Salat: „Heppner singt bei Fleischmann: Morgen ab 14Uhr in der Schraubenabteilung, danach Autogrammstunde.“
NEIN, natürlich nicht. Der Heppner singt hier nicht. Erstens ist das hier nicht ganz so staatstragend und zweitens macht die Stimme hier irgendetwas mit Englisch. Und das gar nicht mal so gut. Klar, das „TH“ ist für uns Germanen so eine Sache und es klang ja auch mal ganz exotisch wenn Nico bei Velvet Underground um uns rumgehaucht hat, aber wenn ich hier einen IT-Studenten „Let´s face Another Day“ singen höre, möchte ich zurück in den Bauch meiner Mutter. Der Song ist nicht mal übel. Ein noch nicht ganz so abgegriffenes Bluesschema wird bemüht, und die Instrumentierung ist durchweg geschmackvoll und fluffig. Aber was nützt uns eine hübsche Melodei, wenn sie von einer Hornbrille vorgetragen wird.
Nach knapp fünf Minuten ist der Budenzauber beendet und alle Kinder müssen ins Bett. Dort träumen sie dann von fremdsprachlicher Früherziehung und einem Jahr im Ausland. .
1 Comments:
ich finde diese idee hier sehr sehr sehr gut, wollte ich sagen.
ich verstehe nicht so recht den vorwurf der melodielosigkeit, was frühere b. fleischmann alben betrifft. war die hello tourist (hieß doch so?) platte nicht ziemlich melodiös? oder habe ich da ganz was falsches in erinnerung?
hm.
jedenfalls: sehr gute sache, das hier, hoffentlich geht es noch länger weiter!
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